April 2022 - Studie der FamilienForschung Baden-Württemberg zeigt die Bedeutung von Mütter- und Familienzentren für Familien und Quartier / Das Mütterforum Baden-Württemberg stellt Weichen für die Zukunft der Mitgliedszentren
„Mütter- und Familienzentren helfen Familien sowohl bei akutem Unterstützungsbedarf als auch präventiv. Sie leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur Quartiersentwicklung, Demokratieförderung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt", lautet das Fazit einer aktuellen Studie der FamilienForschung Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Datenbasis sind zwei schriftliche Befragungen unter den unabhängigen Mütter- und Familienzentren (MFZ), die im Mütterforum Baden-Württemberg zusammengeschlossen sind, sowie vertiefende Leitfadeninterviews mit Expertinnen in ausgewählten Zentren.
Niederschwellige Anlaufstellen für Familien
Kristina Faden-Kuhne von der FamilienForschung stellte die Ergebnisse auf einer Fachveranstaltung im Müze Süd im Generationenhaus Heslach in Stuttgart vor. „Mütter- und Familienzentren sind so vielfältig wie Familien und ihre Bedürfnisse. Sie sind niederschwellige offene Anlaufstellen für Familien mit all ihren Bedürfnissen, Sorgen und Anliegen. Die Hilfe zur Selbsthilfe, die wertschätzende Begegnung auf Augenhöhe sowie ein großes Maß an ehrenamtlichem Engagement und Leidenschaft sind Qualitätsmerkmale der unabhängigen Zentren."
Kernelement der MFZ ist der Offene Treff: eine Plattform für Begegnung und Austausch ohne Zwang und Druck, mit der die Zentren „eine Willkommensatmosphäre und eine konstante Begleitung durch Gastgeberinnen schaffen, die auf neue Leute zugehen und sich kümmern". Diese sind oftmals Alltagsexpert*innen, aber auch Fachkräfte, die helfen „ohne zu belehren".
Damit erreichen die Zentren ein sehr breites Spektrum an Zielgruppen: alle Formen und Arten von Familien, aber auch alle anderen Menschen im Quartier, insbesondere solche mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. In den Mütter- und Familienzentren würde vieles ohne Ehrenamtliche nicht stattfinden können, betonte Faden-Kuhne. Erfolgsfaktoren, um Engagierte zu gewinnen und zu halten, seien die intensive Beziehungspflege und ein großes Maß an Beteiligung in den MFZ. Das Ehrenamt sei zudem für viele Frauen ein Türöffner, um in bezahlte Arbeit zu kommen.
Vorbild im Quartier
Um die Bedeutung der Zentren weiß auch Dr. Simone Höckele-Häfner, Abteilungsleiterin Gesellschaft im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration: „Mütterzentren sind ein wichtiger, erfahrener Partner in der Arbeit mit und für den Zugang zu den Familien vor Ort." Die anwesenden Vertreterinnen aus dem Ministerium betonten zudem die Basisnähe, Flexibilität und Vorbildfunktion der Mütterzentren für die Quartiersarbeit.
„Mütterzentren unterstützen Familien in allen Lebenslagen und -phasen", sagte Dr. Stephanie Saleth, Leiterin der FamilienForschung Baden-Württemberg. „Mit ihrer breiten Vernetzung bieten sie Raum, Dinge auszuprobieren und wachsen zu lassen. Quartiere und Stadtteile haben einen großen Gewinn von Mütterzentren. Hier wird sehr qualitätsvolle Arbeit geleistet", so die Wissenschaftlerin.
Uneinheitliche Finanzierung
Die Studie zeigte jedoch auch auf, dass die Finanzierung der Zentren sehr uneinheitlich ist. Mehr als ein Drittel der Zentren gab an, dass ihr Fortbestand nicht oder nur für das laufende Jahr gesichert sei. „Für die Zukunft brauchen die Mütter- und Familienzentren vor allem eine gesicherte Finanzierung und ehrenamtlich Engagierte. Das erfordert auch eine Unterstützung hauptamtlicher Strukturen", so die Folgerung der FamilienForschung.
Die anwesenden Vertreterinnen der Zentren machten deutlich, dass die kommunale Förderung vieler Zentren außerhalb der Landeshauptstadt in keiner Weise dem vielfältigen Angebot und der geleisteten Arbeit entspricht. Zentren, die nicht rein ehrenamtlich arbeiten, sind auf Spenden und insbesondere Projektmittel angewiesen, deren Beschaffung in der Regel viel Zeit erfordert, die in der Arbeit mit den Menschen fehlt, so ein Ergebnis der Diskussion.
Von Landesseite aus gibt es außer der Förderung für die Vernetzungsarbeit durch das Mütterforum nur eine minimale Projektförderung für die Zentren sowie das STÄRKE-Programm für Familienbildungsangebote, das über die Jugendämter abgewickelt wird. Das reiche nicht aus, stellte Dr. Karin Paulsen-Zenke, Mitglied des Mütterforums-Vorstands, klar. „Wenn etwas als wichtig für die gesellschaftliche Entwicklung wahrgenommen wird, muss dies auch unterstützt werden."
Die finanzielle Beteiligung der Kommunen an den Zentren werde auch in Zukunft unverzichtbar sein, so Paulsen-Zenke, die auch Gemeinderätin in Rheinfelden ist. Aber der Fortbestand eines Zentrums dürfe nicht allein von der Kassenlage der Kommunen und vom ehrenamtlichen Engagement abhängig sein. Dorothea Wehinger, familien- und frauenpolitische Sprecherin der Fraktion GRÜNE im Landtag, war beeindruckt von den vielfältigen und kostenfreien Angeboten für Familien und versprach, sich für die fachliche wie finanzielle Unterstützung einzusetzen.
Einsatz für die Forderung nach institutionellen Mitteln zeigte auch Rosemarie Daumüller, Geschäftsführerin des Landesfamilienrats: „Die wertvolle Arbeit der Mütterzentren braucht eine verlässliche Koordination, und das geht nur mit einer sicheren finanziellen Grundausstattung."
Ziel des Sozialministeriums sei es, „in den kommenden Jahren gemeinsam mit dem Mütterforum und anderen wichtigen Playern der Familienpolitik eine Familienförderstategie für das Land zu entwickeln, welche die Familien und die Unterstützungssysteme noch krisenfester macht und dazu beiträgt, dass alle Kinder in Baden-Württemberg gut aufwachsen können und gleiche Chancen haben", so Höckele-Häfner. „Wir freuen uns, dass das Mütterforum die Initiative ergriffen hat, um sich für diese Zukunft gut aufzustellen."
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Die zusammenfassende Präsentation der Studie ist auf Anfrage bei der Geschäftsstelle des Mütterforums erhältlich.
zurückAuf Basis einer Studie der FamilienForschung BW diskutierten wir am 11. März 2022 mit Partnern aus der Politik, Verwaltung und von Verbänden im Generationenhaus Heslach Potenziale und Perspektiven der Mütterzentren. (Fotos: J. Horber / C. Schomburg)
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